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Hermann Meier an den Donaueschinger Musiktagen


Quelle: Radio SWR2 Deutschland

SWR Symphonieorchester (Musikstück gekürzt)

Die Uraufführung eines Stücks aus dem Jahr 1965 ist nicht alltäglich – erst recht nicht im Rahmen der Donaueschinger Musiktage, wo man Aktuelles gross schreibt. Auf dem Programm steht diesmal ein Stück von Hermann Meier, diesem Schweizer Unbekannten, dessen Ästhetik weder zur Nachkriegsavantgarde passen wollte noch zu den Vorstellungen eines Festivalmachers in den Sechzigerjahren. Heinrich Strobel, damaliger Leiter der Donaueschinger Musiktage, lehnte Meiers Werke ab. Schlicht resigniert notierte der 1906 in Selzach geborene Komponist auf der letzten Partiturseite des Stücks für grosses Orchester und Klavier vierhändig: «SW-Funk hat mir diese Partitur am 6. 10. 1965 zurückgewiesen».

Seltsam ist er, der Ton dieses «Stücks»: Meier mied nicht nur thematisches Material, er verzichtete auch bewusst auf jegliche Entwicklungen. Von der bildenden Kunst war er stark beeinflusst. ​​Begeistert von der Zürcher Ausstellung Piet Mondrians im Jahr 1955 komponierte er statisch-zeitlose Klangflächen, die er blockartig aneinanderreihte. ​​​​Dieses hier ist nicht Meiers stärkstes Werk. Über weite Strecken kommen karge Paukenschläge oder hämmernde Klaviercluster. Zu selten setzt er die Streicher ein, obwohl deren liegende Flächen kühlklanglichen Reiz entfalten. Antiexpressiv Monotones, auch Schroffes hat Meier wohl intendiert – bei all dem fehlt aber jenes Wild-Radikale, das viele andere seiner Orchesterstücke auszeichnet. Es ist noch einiges zu entdecken im zu wenig ausgeleuchteten Meier-Kosmos.

Quelle: Schweizer Musikzeitung


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